[SCO gegen den rest der welt]

IBM setzt den juristischen Hebel an

[19-8-04 / p57] Der Software-Hersteller SCO aus dem amerikanischen Mormonenstaat Utah hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Unter anderem erwarb er vor ein paar Jahren die ursprünglichen Unix-Rechte von Novell, ebenfalls aus Utah. Und benützt diese nun sehr zum Verdruß aller Linux-Freunde dazu, um sich juristisch finanzielle Genugtuung zu verschaffen. Bisher allerdings vergeblich. Seine Gegner verstehen ebenfalls etwas von juristischen Winkelzügen, wie IBM gerade beweist.
Novell hatte die Unixrechte einst wiederum aus der Konkursmasse von AT&T erworben. SCO hat sich nach Ansicht der Mehrzahl der Beobachter hauptsächlich auf das gerichtsmäßige Ausschlachten der erworbenen Unix-Rechte konzentriert und das eigentliche Softwaregeschäft so gut wie aufgegeben. Mit unzähligen Klagen wurden große Hersteller wie IBM und andere überzogen, die Linux alleine oder in Kombination mit Hardware vertreiben. Das gleiche wurde mit vielen großen Anwendern versucht, unter ihnen zum Beispiel solche Schwergewichte wie Daimler-Chrysler. Alle hätten sich, so der Vorwurf, an den SCO-eigenen Unixrechten versündigt, indem sie kleinere oder größere Teile in ihre Linux-Variationen oder –Applikationen unerlaubterweise integriert hätten.
Daß SCO kaum Erfolg haben könnte mit solchen Manövern – selbst vor US-Gerichten, die sich gerne auf die Seite vorgeblich verletzter Rechtspositionen schlagen –, bewies schon die generelle Unterstützungserklärung, die Hewlett-Packard für alle Kunden übernahm, die von SCO vor den Kadi gezerrt würden – HP, so hieß es, werde sämtliche Kosten inclusive möglicher Entschädigungszahlungen an SCO übernehmen.
Nun hat IBM nachgelegt und in einer massiven Gegenklage vor dem zuständigen Gericht in Lindon, Utah, beantragt, daß SCOs Klage gegen IBM ein für alle mal abgewiesen werde. SCO ist der Ansicht, daß IBM gegen alte Lizenzverträge verstoßen habe, indem es Teile der von AT&T angekauften Unixrechte für AIX illegal in Linux-Editionen übernommen haben soll.
Interessanterweise stützt sich die juristische Gegenklage IBMs darauf, daß es in den ursprünglichen Verträgen mit AT&T keineswegs ausgeschlossen worden sei, Unix-Code weiterzuverwenden. Dafür gebe es Aussagen von Managern, die damals auf beiden Seiten an den Verhandlungen beteiligt gewesen seien. Ähnlich defensiv klingt der Vorwurf an die Adresse SCOs, das Unternehmen aus Utah würde auch heute noch den Linux-Quellcode für den Kernel 2.4 kostenlos auf seiner Website anbieten – sich also praktisch selbst straffällig benehmen. Und das, nachdem SCO angeblich selbst schon zugegeben habe, damit zu weit gegangen zu sein. Kurz: Es dürfte bei einer weiteren hübschen Auseinandersetzung auf juristischem Niveau bleiben – immer nach der Maxime, daß wirkliches Leben und seine Transformation in Gesetzeskategorien herzlich wenig mit einander zu tun haben. [Mehr zu der Causa „SCO gegen den Rest der Welt“ in der nächsten Ausgabe von project 57!]

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