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Sun lässt (mindestens) zwei Milliarden Dollar sausen

19.01.04 [p57] – Andere Firmen überschlagen sich im Mergerzirkus. Nicht so Sun. Der einstige Börsenliebling und Überflieger – „We are the dot in .com“ – schließt die Geschichte der sündteuren Cobalt-Übernahme mit einem kleinen Bang ab: Noch ein System soll es geben, und danach wird der Vorhang heruntergelassen. Altsysteme – das muss einfach sein wegen der Kundenbindungen – werden noch ein paar Jahre gepflegt. Cobalt war im September 2000 für zwei Milliarden Dollar übernommen worden. (Zum Vergleich: Compaq legte 1998 für den Technologie-Riesen bloße neun Milliarden Dollar auf den Tisch.) Journalisten, potentiellen Kunden und Systemhäusern gegenüber hieß es damals, die eingekauften Appliances auf Intel-Basis und mit Linux als Betriebssystem stünden keineswegs für die Abkehr von den alten Sun-Idealen, sondern versprächen im Gegenteil eine „sinnvolle Ergänzung“ der Produktpalette für kleine und mittlere Unternehmen, seien superleicht zu bedienen und und und. Irgendwie hatten die alten Kobalt-Kunden ja durch ihre fleißigen Appliance-Anschaffungen mit für den hohen Übernahmepreis gesorgt; im Hause Sun angekommen, sah es plötzlich anders aus: schleppende Verkäufe, mit der Zeit immer weniger Marketing und PR-Arbeit. Die Anwender und klassischen Sun-Kunden fanden wohl, das passe nicht zu dem Hersteller. Oder zu ihnen, denn Sun war gerade mehr in den Highend-Gefilden aktiv (und erfolgreich) gewesen. Oder hat der neue Eigentümer einfach zu viel falsch gemacht? Keine Ahnung von indirektem Vertrieb, von den Wünschen und Interessen des vielbesprochenen Mittelstandes (KMUs, auf amerikanisch: SME = Small and Medium Enterprise), die falschen Leute an der Hotline usw.usf.? Jetzt ist jedenfalls Schluss mit den einst so angehimmelten Cobalt-Kisten. Und das genau zu dem Zeitpunkt, als Sun einen zweiten Anlauf in Richtung preiswerter Standardserver mit Solaris oder Linux nimmt: Diesmal sollen es die Opteron-Prozessoren von AMD bringen. So positiv Leistungsfanatiker zu dem Prozessor stehen, so dramatisch könnten die Wirkungen auf Sun sein. Denn die Ein- oder Mehrfachprozessor-Systeme müssten in extrem hoher Stückzahl verkauft werden, um die massiven Umsatzrückgänge bei den Sparc-Rechnern auch nur ansatzweise zu kompensieren. Ob die Vertriebsmannschaften das in der erforderlichen Zeitspanne hinbekommen, kann nach dem Cobalt-Desaster bezweifelt werden. Sun rühmt sich, fünf Milliarden Dollar als Bargeldreserve verfügbar zu haben. Die Frage könnte schon bald lauten: Wie lange reichen die? Nicht zufällig rätseln ja schon manche Beobachter darüber, wer den angeschlagenen Konzern übernehmen könnte. Erleben wir gerade den definitiven Anfang vom Ende eines Wunderkindes von ehedem?