[märkte & produkte]

Notebooks sind langweilig

VON RAINER GRAEFEN

[15-7-04] Standardisierung, wohin das Auge schaut. Für den Anwender kann das, sofern er mit moderner Technik arbeiten und nicht angeben will, sehr angenehm sein. Für die Marketingabteilungen ist es indes ein Horror. Wie wirbt man heute noch angemessen und aufreizend für ein Notebook, das in ziemlich identischer Ausstattung noch mindestens zwölf weitere Hersteller auf den gleichen Markt werfen? Mitte Juli 2004 sind es mindestens 50 Modelle, die 13 Hersteller von Acer, Asus, Dell, IBM, Hewlett-Packard, Medion, Samsung bis hin zu Toshiba dem Kunden schmackhaft machen wollen. Problemauslöser des Marketingdilemma war einmal mehr der Welt größter Prozessorhersteller Intel. Das neueste Update des Mobilprozessors Pentium M beziehungsweise die Centrino-Mobiltechnologie sind seit dem 10. Mai fertiggestellt und drängen in die Regale.

Die Lösung für eine zukunftsweisende Marketingstrategie war dann allerdings überraschend einfach gefunden, mit ein wenig Übertreibung lässt sich sogar von einem Geniestreich sprechen: Eine Modenschau muss her. Die stärkt den Blick für´s Wesentliche. Schließlich gehören Notebooks zum Lifestyle, und auch sonst sind viele Gemeinsamkeiten zwischen Mode und mobilen Computern zu entdecken. Während die standortfesten Computer-Kollegen fast ausschließlich in Industriebeige in der Gegend herumstehen, entdeckt man beim Notebook schnell das zum kleinen Schwarzen passende Modell (IBM lässt grüßen), für den Gang ins Büro etwas in gediegenem Anthrazit oder für die Yuppies unter uns verspielte Modelle in buntem Lack mit zahlreichen Applikationen in grifffreundlichem Gummi. Angesichts weitgehend identischer innerer Werte kann eine Modenschau mit Notebooks, vorgeführt von hübsch anzuschauenden männlichen und weiblichen Models, erhellende Einblicke bieten, welches Gerät am Besten zum eigenen Typus passt.

Profit braucht Fortschritt

Für den technikbegeisterten Notebook-Anwender jetzt noch einige trockene wirtschaftliche Fakten. Intel hat als erster Prozessorhersteller den Fertigungsprozess seines Mobilprozessors Pentium M, Code-Nname Dothan, auf 90 Nanometer Strukturbreite mit 300 Millimeter Wafer umgestellt. Der schnellste Pentium M taktet nun mit zwei Gigahertz. Und obwohl beim Dothan nun 140 Millionen Transistoren auf 80 Quadratmillimeter untergebracht sind – das Vorgängermodell Banias hatte nur 77 Millionen Transistoren –, laufen die neuen Notebooks bei gleichem Stromverbrauch etwa 25 Prozent schneller. Die Umstellung auf die neuen Fertigungsprozesse kommt die Kunden bis auf weiteres jedoch teuer zu stehen. Schließlich will Intel ausschließlich die technische Evolution vorantreiben, sprich der Konkurrenz die Fersen zeigen. Das heißt, die alten Chip-Fabriken müssen sukzessive durch neue ersetzt werden, die je etwa zwei bis drei Milliarden Dollar kosten sollen. Das wiederum lässt sich nur bezahlen, wenn eine Bruttogewinnmarge von 62 Prozent im Jahr 2004 erzielt wird, heißt es Verständnis heischend bei Intel. Sinkende Preise sind insofern nur im üblichen Maße steigender Fabrik-Auslastung zu erwarten. Ein größerer Preisverfall steht erst zu erwarten, wenn der nächste Fertigungssprung auf 65 Nanometer erfolgt. Dann können 75 Prozent der Fabrikausrüstung wieder verwendet werden.

[navigation]