[märkte und produkte]

Adaptec möchte Marktanteile
im Mittelstand hinzukaufen

[22-7-04 / p57] 91 Millionen Dollar in bar und 9 Millionen Dollar in Aktienoptionen bezahlt Speicherhersteller Adaptec für die Übernahme von Snap Appliance, „einem weltweit führenden Hersteller von Network-Attached-Storage-Systemen (NAS)“, wie es in der Pressemeldung heisst.

Wie bei Mergern und Akquisitionen (M&A) üblich, kommen in solchen höchst offiziellen Verlautbarungen nach den wenigen mitteilsamen Tatsachen dann sehr schnell die reinen Behauptungen, großsprecherischen Hoffnungen und Prognosen. Schönes, altes Marketing eben, wie wir es kennen und lieben. Zum Beispiel: „Adaptec und Snap Appliance weisen große Synergien auf“; und: „Es ist unser Ziel, im Speichermarkt der führende Anbieter zu werden, mit einem Lösungsportfolio für Unternehmen jeder Größe und alle Anforderungsbereiche.“ Das Ganze garniert mit der Annahme, Adaptec erwarte, „dass durch die Transaktion in den nächsten vier Jahren ein zusätzlicher Umsatz von mehr als 40 Millionen Dollar erwirtschaftet wird.“ Letzteres hört sich nach einer enormen Menge Geld an. Bezogen darauf, dass NAS-Systeme und vor allem diejenigen für den Massenmarkt, wie sie Snap Appliance produziert, hauptsächlich aus den Kosten für zugekaufte Festplatten, Gehäuse und andere Hardware mehr bestehen, lässt sich allerdings ohne großes Hintergrundwissen erschließen, dass sich der Zukauf erst nach vielen Jahren gewinnbringend auswirken kann.

Snap Appliance ist jedenfalls nicht das tolle Unternehmen, als das es nun dargestellt wird. In Deutschland war man als Anbieter kaum noch sichtbar. Zum „weltweit führenden Hersteller“ wird das Unternehmen nur dann, wenn man von den verkauften Stückzahlen an einfachen NAS-Appliances ausgeht. Und diese bestehen wiederum zum größeren Teil nur aus einer Festplatte mit dem erforderlichen Stück Software für die Netzwerkanbindung. Mit dem modifizierten Linux-Betriebssystemderivat GuardianOS werden seit einiger Zeit zusätzlich auch NAS-Systeme mit Speicherkapazitäten im unteren Terabyte-Bereich ausgeliefert. Adaptec dürfte mit der Übernahme von Snap Appliance zwar einen größeren klein- und mittelständischen Kundenstamm erben, der allerdings von Microsofts OEM-Partnern für den Windows Storage Server 2003 ebenfalls stark beackert wird. Und zu denen gehören immerhin solche Schwergewichte wie Hewlett-Packard, EMC, Dell, Fujitsu Siemens Computer und einige andere mehr. Die geringen Margen, die in diesem Markt bisher üblich waren, haben einen Anbieter wie Iomega schon zur Verzweiflung getrieben. Und um in die gehobenen Bereiche von Speicherlösungen vorzustoßen, fehlt Adaptec auf vielen Märkten die notwendige eigene Service-Mannschaft.

Auch der Einsatz eines Linux-Betriebssystem in den NAS-Appliances verbessert die Verkaufschancen nicht. Open-Source-Kunden haben häufig ein geringes Budget zur Verfügung, kennen sich klassischerweise sehr gut aus mit Linux und wissen daher, wie ein NAS-Server mit einfachsten Linux-Bordmitteln aufzubauen ist. Gerade in diesem Marktsegment auf den Absatz großer Stückzahlen zu hoffen, erscheint schon etwas wagemutig. Anders gesagt: Die Wahrscheinlichkeit ist nicht gering, dass solche Versuche auf einer falschen Markteinschätzung beruhen.

Mike Karp, leitender Analyst der Enterprise Management Association, schreibt in einer Kolumne: „Snap is the largest provider of NAS devices in terms of units sold but these devices are in no way competitive with the more robust solutions from vendors such as Netapp and EMC.” Und weiter: “At the least, it will give Adpatec more visibility with potential channel partners, and a chance for the company to increase the contribution, that channel sales make to its bottom line.” Um aus Chancen mehr zu machen als nur eine weitere nette Vision, bedarf es wohl noch einiger Anstrengungen mehr, als sich mit einem NAS-Anbieter ein paar Marktanteile hinzuzukaufen. Dieses Verfahren per se hat fast noch nie funktioniert.

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