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HP: Fiorina läßt nach Verlusten Köpfe rollen

[13-8-04 / p57] Insider haben schon länger hinter vorgehaltener Hand darüber gesprochen: Die Server- und Storage-Division ist jene Abteilung der „neuen HP“, die die Verschmelzung der entsprechenden Mannschaften und Produktlinien von Hewlett-Packard und Compaq am wenigsten verkraftet habe. Man sei vor allem mit sich selbst beschäftigt, mit dem Abstecken von Claims und der Neuaufstellung alter Seilschaften. Motto: Jeder gegen jeden, beziehungsweise: Rette sich, wer kann. Die Personalabgänge waren denn konsequenterweise legionsstark, und intern folgte eine Reorganisation der anderen. Analysten weisen schon seit längerem darauf hin, daß sich die Stärke HPs noch immer vor allem auf die Print- und Images-Division gründe. Und das war schon vor dem Merger so. Mit der Übernahme Compaqs war es das erklärte Ziel gewesen, endlich im Server- und Storage-Bereich zu IBM und anderen Herstellern aufzuschließen. Erst Ende letztes Jahres war es hier zu einer kompletten Umorganisation gekommen – die internen Probleme seien nun beendet, hieß es.

Doch die jüngsten Quartalszahlen sprechen eine andere Sprache. Das oberste Management war offenbar dermaßen unzufrieden mit den neuen Zahlen, daß es schon sechs Tage vor dem angekündigten Datum an die Öffentlichkeit ging. Carly Fiorina, bekannt für ihre starke Hand: „Obwohl wir mit unserer Leistung bei Personal Systems, Imaging und Printing, Software sowie Services zufrieden sind, werden deren solide Ergebnisse von nicht akzeptabler Umsetzung bei Enterprise Servers and Storage überschattet. Wir nehmen daher sofort Veränderungen im Management vor. In diesem Bereich beschleunigen wir außerdem unsere Pläne zur Margenverbesserung. Damit erwarten wir, daß diese Sparte im vierten Quartal in die schwarzen Zahlen zurückkehrt." Noch am gleichen Tage wurden die Konsequenzen bekannt. Gefeuert wurden pikanterweise Peter Blackmore, Chef der erst im Dezember 2003 neu aufgestellten Customer Solutions Group (CSG), die neue Formen des Direktverkaufs an Unternehmen und staatliche Organisationen praktizieren sollte, sowie Jim Milton, CSG-Vize und USA-Verkaufschef, und schließlich CSG-Vize und HP-Europachef Kasper Rorsted (von vielen noch vor kurzem als einer der Shooting Stars bei HP gehandelt). Alles in allem wohl eine finale Abrechnung mit der CSG-Strategie, die Kunden, Analysten und Journalisten noch im Mai auf der europäischen Kundenveranstaltung ENSA in München als Ei des Kolumbus vorgestellt worden war. Vor allem die Umsätze bei Highend-Servern und bei Storage sind nun drastisch gesunken. Einwände, daß die neue CSG-Truppe überfordert sein könnte, die komplette HP-Produktpalette wie aus einem gemeinsamen Bauchladen zu verkaufen, da ihr die nötigen Detailkenntnisse fehlten, waren vom HP-Management auf der ENSA beiseite gewischt worden. Ob jetzt alleine personelle Konsequenzen die angemessene Lösung sein können, ist zu bezweifeln. Die nächste Runde im Umorganisieren und Feuern, dem Lieblingsspiel der Manager, dürfte bei der „neuen HP“ kurz bevorstehen.

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