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Itanium und Sparc in der Krise?

[5-11-04 / p57] Mit seinem Opteron hat AMD einigen Staub auf- und die Server-Roadmaps von Intel, Sun und Hewlett-Packard kräftig durcheinander gewirbelt. Das gilt zwar nicht für die Highend-Serverysteme, wohl aber für das Server-Einstiegssegment und anscheinend auch für Workstations mit zwei und vier Prozessoren. AMDs Design ist von Boardherstellern recht einfach umzusetzen, und die zum Intel Xeon beziehungsweise Itanium2 vergleichbare Leistung kostet wesentlich weniger. Das Ganze zusätzlich noch gekrönt von der 64-Bit-Fähigkeit des Opteron-Chips, die Intel zu einer ursprünglich nicht geplanten Erweiterung bei der Xeon-Entwicklung zwang.

Diese Entwicklung hat auch HP nicht kalt gelassen. Der einst voll auf Itanium eingeschworene Hersteller hat Intel gleich eine weitere kalte Dusche verpaßt: Ab sofort wird es keine Workstation-Rechner mehr mit Itanium-Prozessoren geben. HP spart sich damit die teure Entwicklung eigener Chipsätze, die für eine ausgewogene Performance von Workstations unverzichtbar wären. Das Intel-Pendant kann die HP-Chips jedenfalls nicht ersetzen.

Der Abgesang für Itanium ist damit offiziell eingeläutet. Auch bei IBM – nach HP und SGI drittgrößter Verkäufer von Itanium-Servern – rühren sich inzwischen die kritischen Stimmen. Vielleicht aber auch nur die Mitarbeiter der hauseigenen Power5-Entwicklung. Im Internet kursiert jedenfalls die Fleißarbeit eines IBM-Mitarbeiters, der alle IDC-Prognosen zu Itanium-Umsätzen aus den Jahren 1997 bis 2003 zusammengetragen hat. 1997 erwartete IDC noch, daß im Jahre 2003 Itanium-Prozessoren für 30 Milliarden Dollar verkauft würden. Inzwischen gehen die Marktbeobachter davon aus, daß es im Jahr 2007 sieben Milliarden Dollar Umsatz sind (siehe auch www.theregister.co.uk). Die aktuellen Verkaufszahlen und die zukünftigen Umsatzerwartungen sind damit ein gewaltiger Prüfstein für die so hoch gelobte parallel arbeitende EPIC-Architektur der Intel-CPU (einst von HP hochgelobt und mitgetragen), die Server in bislang unbekannte Leistungsregionen bringen sollte.

Bei HP sieht man die Zukunft des Itanium-Prozessors offiziell noch sehr rosig. Don Jenkins, Vice President Marketing Business Critical Computing bei HP, hat den Spöttern jetzt erst einmal etwas zum Nachdenken gegeben. Jenkins freute sich auf der Webseite des englischen Fachmagazins „Computer Business Review“ jedenfalls über das Ecosystem des Itanium. Statt der erwarteten 2.500 Programme für den Itanium gebe es aktuell sogar zusätzliche 200 Anwendungen mehr. Typischerweise messen Branchenexperten die Akzeptanz einer CPU ja an der Anzahl von Anwendungen, die dafür entwickelt oder portiert wurden. Und auch Jenkins gab eine Prognose zum Besten: 25 Prozent aller Business Critical Server sind heute schon mit Itanium2 ausgestattet, 2005 sollen es 50 Prozent sein.

Zündfunken bei Sun

Für Aufregung sorgte auch die Nachricht über die Verschmelzung der Serverlinien Primepower von Fujitsu und der Sun Fire von Sun Microsystems. Unter dem Code-Namen Advanced Product Line (APL) wird Fujitsu bis Mitte 2006 eine neue Generation von Sparc-Prozessoren entwickeln und herstellen. Bis dahin werden beide Firmen die Produkte des jeweils anderen in ihr Vertriebsprogramm aufnehmen. Sun wird also auch Fujitsu Primepower-Systeme anbieten – und umgekehrt.

Die Übergabe der Sparc-Entwicklung an Fujitsu soll laut Finanzanalyst Tony Sacconaghi immerhin 200 Millionen Dollar freisetzen, die Sun dann in die Weiterentwicklung der Sparc-Architektur in Richtung hochparallel arbeitender Chip-Multithreading-Technik investieren will. Diese Technik verspricht gegenüber der sequentiell arbeitenden UltraSparc-Familie Leistungssteigerungen um den Faktor 15. Weiteres Einsparpotential erwartet der Experte, wenn Fujitsu auch noch die Fertigung der Sun-Server übernimmt. Für Sun könnte diese Entlastung an der Kostenfront einige Vorteile bringen – der langfristige Image-Schaden könnte jedoch beträchtlich sein, denn immerhin gibt der einstige Sparc-Protagonist die Entwicklung nun in andere Hände.

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