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Schambach is back

[12-10-04 / p57] – Stephan Schambach war einer der ganz Großen in der Welt des Helmut Kohl. Das war jene Welt des gerade vereinigten Deutschlands, das noch andere Wunderkinder kannte, die den ziemlich frechen Spruch von den „blühenden Landschaften“ nach der planvoll durchgeführten Elimination der alten DDR-Wirtschaft verkörpern sollten. Und das taten sie eine Zeitlang, sie gründeten Geschäfte mit Staatsknete und auch ohne, sie waren voll risikofreudig – die Protektion durch Kohl, Biedenkopf oder Späth war ja nicht gerade ohne. Auf jeden Fall war sie zeitgemäß – irgendwer mußte ja zumindest teilweise die Lüge vom Wirtschaftsaufschwung Ost belegen. Schambach gründete jedenfalls Intershop, eine auf E-Commerce spezialisierte Softwareschmiede, die bald einen sauberen IPO (= Börsengang) hinlegte und die so eingesammelten Millionen anschließend ziemlich planlos verpulverte. Das ging nur eine Weile gut. Schambach mußte irgendwann gehen, seine Nachfolger bei Intershop versuchen seitdem zu retten, was zu retten ist. Die Schuldenlast ist groß, fast so hoch wie die vielen Stockwerke des Intershop-Towers in Jena (über 25), die der leicht größenwahnsinnige Schambach noch vor knapp vier Jahren zu horrenden Kosten anmietete. Seine Nachfolger versuchen immer wieder, aus der Liqiditätsklemme hinauszukommen, doch aus langfristigen Mietverträgen zum Beispiel läßt einen ein Immobilienhai nicht so schnell aussteigen. Zukunft für Intershop mehr als ungewiß. Schambach, so vermeldet die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 11. Oktober, hat inzwischen mit seinem Privatkapital und einigen Venture-Capital-Geldern einen neuen Verein gegründet – diesmal im fernen Amerika. „Demandware“ soll es wieder in E-Commerce machen, 20 Leute sind schon mal eingestellt, die Software ist aber „noch nicht fertig“, wie Schambach der FAZ gegenüber einräumte. „Und wir haben auch noch keine Kunden.“ Eigentlich, so Schambach, wolle er dazu überhaupt nichts sagen. Dann sagte er noch: „Natürlich leide ich mit, wenn es Intershop schlecht geht.“ Wie meinte noch ein großer Philosoph aus dem 19. Jahrhundert? Die Geschichte wiederhole sich immer wieder – einmal trete sie als Tragödie auf, das nächste mal als Farce. Oder so ähnlich.

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